Die Zahlen zeigen es in aller Deutlichkeit: Unternehmensnachfolge betrifft im aktuellen Jahrzehnt einen erheblichen Teil der Schweizer KMU. Doch Statistik allein genügt nicht. Entscheidend ist, wie Unternehmer:innen den Prozess angehen. Eine erfolgreiche Nachfolge ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis von frühzeitiger Planung, klarer Strategie und konsequenter Umsetzung. Dieser Beitrag widmet sich den Schlüsselfaktoren, die den Unterschied machen – zwischen einer holprigen Übergabe und einer nachhaltigen Fortführung des Lebenswerks.
Frühzeitig beginnen – Zeit als entscheidender Faktor
Die Erfahrung zeigt: Wer die Nachfolge früh plant, erhöht die Erfolgschancen erheblich. Drei bis fünf Jahre Vorlaufzeit gelten als Minimum, komplexe familieninterne Übergaben benötigen oft noch mehr. Dieser Zeitraum ist nötig, um:
- die Nachfolgerin oder den Nachfolger sorgfältig auszuwählen,
- rechtliche und steuerliche Fragen zu klären,
- Finanzierungen zu strukturieren,
- und die Belegschaft sowie Geschäftspartner schrittweise einzubinden.
Eine zu späte Auseinandersetzung führt dagegen oft zu Notlösungen, die nicht nur den Unternehmenswert mindern, sondern auch Konflikte verstärken. Ähnlich wie beim Hauskauf, resp. -verkauf. Grosse Investitionen brauchen genügend Zeit, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
Strategien der Nachfolge – keine Einheitslösung
Im letzten Beitrag haben wir uns näher mit den Zahlen auseinandergesetzt und festgestellt: Nicht jede Branche ist gleich stark betroffen. Auch die Regionen sind sehr heterogen gefordert. Die Zahlen verdeutlichen: Besonders in klassischen, oft eigentümergeführten Branchen ist die Nachfolge ein so grosses Thema, dass es teilweise das Tagesgeschäft schon beeinflusst.
Es gibt verschiedene Wege, ein Unternehmen in die nächste Generation zu übergeben. Jede Strategie hat ihre eigenen Chancen und Herausforderungen.
- Familieninterne Nachfolge (Family-Buy-Out):
Der Klassiker in der Schweiz. Vorteile sind Kontinuität, tiefes Verständnis für Unternehmenskultur und Werte. Herausfordernd sind jedoch familiäre Spannungen, fehlende Eignung oder mangelnde Motivation der Nachfolger. - Management Buy-Out (MBO):
Übergabe an das bestehende Führungsteam. Vorteile: interne Kenntnis, schnelle Einarbeitung, hohe Loyalität. Die Herausforderung liegt häufig in der Finanzierung – nicht jedes Management kann die Übernahme stemmen. - Management Buy-In (MBI):
Externe Führungskräfte übernehmen. Vorteil: frischer Blick, neue Impulse, schnelle Umsetzung. Risiko: Verlust von gewachsenen Beziehungen und kultureller Bruch. Sie wissen: «Culture eats strategy for breakfast». - Verkauf an Dritte oder Investoren:
Strategische Käufer, Private-Equity-Firmen oder Branchennachbarn können finanzielle Stabilität und Wachstumschancen bieten. Aber: Oft steht die Rendite im Vordergrund, und Mitarbeitende oder Gründeridentität geraten in den Hintergrund.
Die Wahl der Strategie hängt stark von der persönlichen Situation, der Branche und den Zielen der Eigentümer ab. Entscheidend ist, die Optionen früh zu prüfen und transparent zu kommunizieren.
Erfolgsfaktoren einer gelungenen Nachfolge
Die Praxis zeigt eine Reihe von Faktoren, die besonders stark mit gelungenen Übergaben verbunden sind:
- Klare Kommunikation: Mitarbeitende, Geschäftspartner:innen und Kund:innen müssen früh eingebunden werden. Vertraulichkeit ist wichtig, aber zu viel Geheimhaltung erzeugt Unsicherheit. Fingerspitzengefühl ist gefragt. Ein neutraler Blick von aussen kann hier durchaus matchentscheidend sein und ist sehr zu empfehlen.
- Realistische Bewertung: Eine faire und nachvollziehbare Unternehmensbewertung schafft Vertrauen und verhindert Enttäuschungen. Hier lohnt sich die Einbindung externer Experten ebenfalls. Sie haben Erfahrungswerte und helfen gerne weiter. Oft bieten die Hausbanken spannende Lösungen an, doch schauen Sie sich die Details hinter dem Angebot genau an.
- Externe Beratung: Steuer-, Rechts- und Finanzspezialisten sowie Nachfolgeberater können helfen, emotionale Blockaden zu überwinden und komplexe Strukturen effizient zu ordnen. Wenn man sich darauf einlässt, sollte man sich vorher emotional darauf einlassen, um einen Erfolg gewährleisten zu können.
- Schrittweise Übergabe: Ein gleitender Übergang, bei dem Altinhaber Wissen überträgt und gleichzeitig loslässt, ist oft erfolgreicher als ein abrupter Schnitt. In den meisten Fällen sehr zu empfehlen.
- Flexibilität: Märkte, Finanzen und Familienkonstellationen ändern sich. Wer flexibel bleibt und Szenarien durchspielt, kann besser auf Unvorhergesehenes reagieren.
Emotionale Intelligenz – der unterschätzte Erfolgsfaktor
Bei aller Planung: Unternehmensnachfolge ist immer auch ein emotionaler Prozess. Für die Gründerin oder den Gründer bedeutet sie Abschied vom eigenen Lebenswerk, für Nachfolger Verantwortung und Erwartungsdruck. Studien zeigen, dass gerade ungelöste familiäre Konflikte oder unausgesprochene Erwartungen mehr Übergaben scheitern lassen als rein wirtschaftliche Faktoren.
Offene Gespräche, externe Moderation und gegebenenfalls eine Familienverfassung (Charta) helfen, Spannungen zu entschärfen und klare Rollen zu definieren.
Fazit: Vorbereitung ist die halbe Miete
Eine Unternehmensnachfolge ist kein kurzfristiges Projekt, sondern ein strategischer Prozess. Wer frühzeitig plant, die richtige Strategie wählt und auf zentrale Erfolgsfaktoren achtet, legt die Grundlage für einen reibungslosen Übergang. Damit wird nicht nur das Lebenswerk gesichert, sondern auch eine stabile Basis für die nächste Wachstumsphase geschaffen.
Im letzten Beitrag dieser Serie widmen wir uns deshalb dem besonderen Fall der Familienunternehmen und der Rolle der nächsten Generation – einem Thema, das in der Schweiz besonders relevant ist, da rund 88 % aller Firmen familiengeführt sind.