Sie sind jung, digital geboren – und sie stellen die Arbeitswelt auf den Kopf: Die Generation Z (geboren ca. 1997–2010) betritt mit Selbstbewusstsein den Arbeitsmarkt, während die ersten Vertreter:innen der Generation Alpha (ab ca. 2011) sich schon auf der Schulbank Gedanken über Sinn und Wirkung ihrer künftigen Jobs machen. Für Schweizer Unternehmen bedeutet das: Wer junge Talente gewinnen will, muss ihre Werte, Erwartungen und Kommunikationsgewohnheiten genau verstehen – und sich darauf einstellen. Und bestenfalls: einlassen und lernen.
1. Mehr als nur ein Job: Der Sinn im Zentrum
Der vielleicht auffälligste Unterschied zu Vorgängergenerationen: Junge Menschen wollen heute nicht nur arbeiten, um zu leben – sie wollen mit ihrer Arbeit etwas bewegen. Sinnstiftung, soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit sind zentrale Kriterien bei der Wahl des Arbeitgebers. Besonders in der Schweiz, wo viele Branchen mit Fachkräftemangel kämpfen, kann dies zum entscheidenden Vorteil werden.
Klingt schwierig? Es bedarf vor allem auch etwas Einfühlungsvermögen, Empathie und Zeit. Ein grossartiges Beispiel ist dabei die tausendfach zitierte Raumpflegerin bei der NASA. Sie mochte ihre Arbeit, welche in der Bevölkerung bis heute in weiten Teilen geringgeschätzt wird. Ihr Antrieb: Sie hilft der NASA, Astronauten ins All zu schicken und die Wissenschaft voranzubringen. Oder anders ausgedrückt: gelebte Sinnhaftigkeit durch klare Visionen, Werte und Ziele.
Was heisst das konkret?
- Unternehmen sollten ihren gesellschaftlichen Impact klar und transparent kommunizieren.
- Projekte mit Umweltbezug, soziale Initiativen oder ein starkes Wertefundament steigern die Attraktivität für Gen Z & Alpha.
- Ein Job ist nicht mehr nur ein „Vertrag“, sondern Teil der eigenen Identität.
- DIE ist keine Modeerscheinung, welche beim geringsten Widerstand in die Altkleidersammlung wandern sollte. Genau hier trennt sich heute auch die Spreu vom Weizen.
2. Flexibilität und Freiheit: Die neue Norm
Work-Life-Balance war gestern – heute geht es um Work-Life-Integration. Junge Talente wollen flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten und individuelle Entwicklungswege. Ein starrer 9-to-5-Job im Grossraumbüro? Für viele ein No-Go.
Worauf kommt es an?
- Gleitzeitmodelle, Jobsharing oder „Work-from-Anywhere“-Optionen sprechen die digitale Generation besonders an.
- Auch Teilzeitmodelle für Berufseinsteiger:innen gewinnen an Relevanz.
- Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt – Arbeitgeber müssen Vertrauen schenken und Ergebnisse über Präsenz stellen.
3. Digitale Kommunikation auf Augenhöhe
Ob TikTok, Instagram oder Discord – die neuen Generationen sind mit sozialen Medien gross geworden und erwarten kurze, direkte, visuelle Kommunikation. E-Mails oder lange Bewerbungsprozesse schrecken ab. Das ist vor der Einstellung so und erst recht, wenn es um interne Firmenkommunikation geht.
Da wir uns als Gesellschaft in einer strukturell schwierigen Ausgangslage befinden und 2029 in der Schweiz ca. 30% mehr Babyboomer aus dem Berufsleben ausscheiden als junge Generationen nachrücken, haben sie von Monat zu Monat mehr die Wahl – und weniger Grund für unglückliche Loyalität. So simpel ist das. Ob uns das gefällt oder nicht.
Tipps für Arbeitgeber:
- Bewerbungsprozesse müssen mobilfreundlich, schnell und unkompliziert sein.
- Kommunikation auf Plattformen wie LinkedIn, TikTok oder WhatsApp ist nicht nur akzeptiert, sondern gewünscht.
- Authentizität schlägt Perfektion: Mitarbeitende, die selbst erzählen, wie es ist, im Unternehmen zu arbeiten, wirken glaubwürdiger als jede Hochglanz-Kampagne.
4. Entwicklung statt Karriereleiter
Für viele junge Talente ist die klassische Karriereleiter nicht mehr das Mass der Dinge. Sie wollen sich entfalten, ausprobieren, lernen – in einem Umfeld, das sie inspiriert. Horizontale Karrierewege, interdisziplinäre Projekte und persönliche Weiterentwicklung stehen im Vordergrund.
Zugleich gibt es hier grossartige Chancen, bisher auch verstaubte Themen einer breiten Bevölkerung oder Zielgruppe unterhaltsam und dennoch informativ näherzubringen. Oder wie erklären Sie sich sonst, dass seit Corona dank Finfluencern wie der inzwischen sogar im TagesAnzeiger porträtierte FinanzFabio hunderte junger Menschen unter 40 zu einem abendfüllenden Anlass ins Volkshaus strömen, nur um etwas über Vorsorge zu erfahren? Und dafür wohlgemerkt ab CHF 50.- pro Ticket bezahlen. Inspirieren. Lernen. Entwickeln. Und wieder von vorne.
So punktet man bei Gen Z & Alpha:
- Weiterbildungsmöglichkeiten sollten nicht nur versprochen, sondern aktiv angeboten werden – z. B. über Microlearning, Mentoring oder Projekt-Rotationen.
- Feedback ist kein jährliches Ritual mehr, sondern ein ständiger Dialog.
- Selbstorganisation und Verantwortung schon früh zu ermöglichen, das schafft Bindung und Motivation.
5. Diversität, Inklusion und psychische Gesundheit
Was früher als „Soft Topics“ galt, ist für junge Generationen ein zentrales Kriterium: Diversität, Inklusion und mentale Gesundheit sind kein „Nice-to-have“, sondern ein „Must-have“. Wer hier kein glaubwürdiges Engagement zeigt, verliert an Relevanz.
Empfehlungen für Unternehmen:
- Diversity-Strategien sollten sichtbar und messbar sein. Und vor allem: gelebt und nicht nur gepostet.
- Programme zur Förderung mentaler sowie physischer Gesundheit (z. B. Coaching, Mental Health Days, Sportangebote während Pausen etc.) zeigen Fürsorge und Verantwortung. Es gibt nicht DIE Lösung, sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden, Sie werden überrascht sein. Versprochen.
- Offene Kommunikation über Schwächen, Fehler und persönliche Entwicklung ist ein Zeichen von Stärke – nicht von Unsicherheit.
Fazit: Wer jung bleiben will, muss zuhören
Die Generationen Z und Alpha bringen neue Werte, Erwartungen und Kommunikationsformen in die Arbeitswelt. Sie fordern Unternehmen heraus – und eröffnen zugleich enorme Chancen: Wer es schafft, sich ehrlich und offen auf ihre Bedürfnisse einzulassen, kann nicht nur Talente gewinnen, sondern echte Loyalität aufbauen. Und dies gegenseitig.
Für Schweizer Unternehmen heisst das: Raus aus den starren Strukturen, rein in den Dialog mit den nächsten Generationen. Die Zukunft gehört den Mutigen – und den Flexiblen. Denn was uns heute manchmal irritiert ist, dass wir im Jahr, in welchem bereits die ersten «Alphas» mit der Lehre starten, noch immer darüber sprechen, wie wir deren vorherige Generation Z im Arbeitsmarkt integrieren. Zeit, die Veränderungen aktiv anzugehen und gestärkter denn je daraus hervorzugehen. Wir wünschen viel Erfolg und Spass dabei!