Seit der Pandemie hat sich die Arbeitswelt radikal verändert. Flexible Modelle wie Homeoffice sind für viele Arbeitnehmende längst zur neuen Normalität geworden. Der Versuch zahlreicher Unternehmen, die Belegschaft nun wieder in die Büros zurückzuholen, stösst auf wachsenden und inzwischen auch unschön kreativen Widerstand. Laut Umfragen würden bis zu 47 % der Büroangestellten in der Schweiz kündigen, sollte Homeoffice stark eingeschränkt oder gar abgeschafft werden.
Der Widerstand gegen starre Rückkehrpflichten
Dieser Unmut zeigt sich nicht nur in Umfragen: Krankheitstage werden genutzt, Wohnorte bewusst weiter vom Arbeitsplatz entfernt – alles Strategien, um eine dauerhafte Rückkehr zu umgehen. Unternehmen, die auf starre Präsenz setzen, sehen sich nicht nur einer erhöhten Kündigungsbereitschaft gegenüber, sondern auch einem deutlichen Rückgang der Mitarbeitermotivation. Und vor allem: Verbindlichkeit.
Kurzfristige Anreize verpuffen
Viele Arbeitgeber versuchen, mit finanziellen Anreizen wie Gehaltserhöhungen oder Beförderungen die Rückkehr ins Büro schmackhaft zu machen. Doch diese «Zuckerbrot-und-Peitsche»-Methoden erzielen oft nicht die gewünschte Wirkung wie sie es vielleicht früher geschafft hätten. Die neu gewonnene Work-Life-Balance, der Wegfall langer Pendelzeiten, die ruhigere Arbeitsumgebung und natürlich auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind für viele Beschäftigte schlicht mehr wert als ein zusätzlicher Bonus. Die Lohnabrechnung nach dem Bonus mag Dopamin, Serotonin, Endorphine oder Oxytocin ausschütten – je nach Feierlaune – aber das sind alles kurzfristige Anreize, die der Körper und Verstand sehr schnell wieder vergisst. Und für zukünftige Glücksgefühle mehr bräuchte.
Die Realität zeigt: Wer nur auf kurzfristige Anreize setzt, verkennt den tieferliegenden strukturellen Wandel. Die Wünsche der Arbeitnehmenden haben sich nachhaltig verändert – nicht nur oberflächlich, sondern in ihren grundlegenden Erwartungen an Arbeitgeber und Arbeitsumfeld. Dies haben wir auch in unserem letzten GCP Blue-Label-Blogbeitrag bezugnehmend auf die jungen Generationen beleuchtet.
Hybride Modelle als neue Erwartungshaltung
Anstelle einer vollständigen Rückkehr ins Büro wünschen sich viele Mitarbeitende heute flexible, hybride Arbeitsmodelle. Die Möglichkeit, im Rahmen der unternehmerischen Leitplanken selbstbestimmt zwischen Homeoffice und Büro zu wechseln, gilt zunehmend als Voraussetzung für Arbeitgeberattraktivität. Unternehmen, die diese Entwicklung erkennen, setzen auf eine Arbeitskultur, die nicht Präsenz, sondern Ergebnisse in den Mittelpunkt stellt. Und dies hilft dem Unternehmen langfristig sein wertvollstes Kapital zu sichern: Human Power. Und ja, wir wissen, dass wir in Zeiten von K.I. leben, allerdings sehen wir vor dem Hintergrund «garbage in garbage out» den Faktor Mensch deswegen umso mehr als zentralen Erfolgsfaktor.
Moderne Führungskräfte orientieren sich heute stärker an Zielerreichung und Outcome statt an blosser Anwesenheit. Mitarbeitende, die die Freiheit haben, ihre Arbeit eigenverantwortlich zu gestalten, zeigen oft höhere Motivation, Produktivität und damit die Essenz dessen, was jedes Unternehmen braucht.
Wichtig: Wir empfehlen keinesfalls, dass Unternehmen auf die Präsenz ihrer Arbeitskräfte gänzlich verzichten sollen, denn gewisse kulturelle Aspekte sind online schwer bis gar nicht zu bewerkstelligen. Aber solche Themen halten auch nicht jeden Tag Einzug im Büroalltag, oder doch?
Persönliche Begegnungen neu denken
Das Bedürfnis nach sozialen Kontakten im Arbeitsumfeld bleibt dennoch bestehen – allerdings unter neuen Vorzeichen. Statt täglicher Büropräsenz bevorzugen viele Beschäftigte gezielte persönliche Begegnungen: Workshops, kreative Team-Events oder gemeinsame Projektphasen werden bewusst genutzt, um den Teamgeist zu fördern, ohne die neu gewonnene Flexibilität einzuschränken. Auch regelmässige Team-Lunches sind auf dem Vormarsch und sorgen so für einen aktiven, offenen und bestenfalls innovationsfördernden Umgang im Team.
Solche und andere Formate ersetzen starre Anwesenheitspflichten durch echte Mehrwerte und tragen dazu bei, Bindung und Identifikation mit dem Unternehmen auf zeitgemässe Weise zu stärken. Klingt alles wunderbar – und ist nichts anderes als Knochenarbeit in Sachen Leadership.
Fazit: Unternehmen brauchen neue Konzepte statt alter Rezepte
Der Arbeitsmarkt befindet sich mitten in einem tiefgreifenden, strukturellen Wandel. Schon länger und noch eine Weile. «Back-to-Office»-Initiativen mögen kurzfristig funktionieren – langfristig haben sie jedoch wenig Aussicht auf Erfolg. Und dass vor allem Unternehmen, welche Arbeitskräfte ohne böse Medienberichte abbauen wollen dies als erste Massnahme umsetzen sagt ebenfalls sehr viel aus. Ausnahmen bestätigen die Regel – wir denken da an Sulzer – doch da steht diese Massnahme auch nicht allein für sich und den Erfolg, den das Unternehmen wieder an den Tag legt.
Arbeitnehmende haben neue Prioritäten gesetzt, und Unternehmen, resp. Führungsleute, die diese ignorieren, riskieren nicht nur den Verlust wertvoller Talente, sondern auch den Anschluss an eine moderne, smarte Arbeitskultur.
Statt auf Zwang und kurzfristige Anreize sollten Unternehmen flexible Modelle entwickeln, Führung neu denken und echte Mehrwerte für persönliche Zusammenarbeit schaffen. Nur wer diese Zeichen der Zeit erkennt und sich entsprechend wirklich auf sein Team einlässt, wird auch künftig als attraktiver Arbeitgeber bestehen können.